Wildnis im Kopf
Naturverbunden, eins mit der Umwelt und mit dem Universum vereint. So oder so ähnlich habe ich es mir vorgestellt, allein in diesem Unterschlupf im Wald zu schlafen. Mein Gott, wie beängstigend dieser Ort nun aber nachts wirkt. Das laute Rascheln der Blätter – als spräche der Wald eine Sprache, die ich nicht verstehe. Vielleicht habe ich verlernt, zuzuhören.
Morgens um halb 07:00 schibbele ich in der Outdoorküche Bohnen, einen großen Eimer voll. Später wird es sie zum Mittagessen geben: ungeschälte Kartoffeln mit Bohnen, Knoblauch und Salz. Lange habe ich nicht mehr so etwas Leckeres gegessen. Mein innerlich ausgestreckter Zeigefinger beeinflusst das Geschmackserlebnis sicher mit: Sieh her Konsumgesellschaft, keine veganen Ćevapčići bestehend aus 25 mysteriösen Zutaten – zu meinem Glück brauche ich nur Kartoffeln, ätsch!
Ich trinke Quellwasser. Ich dusche mit einer Gießkanne, kalt natürlich. An die Spinnenfamilie in meinem Unterschlupf gewöhne ich mich, wir koexistieren friedlich miteinander. Abends am Lagerfeuer fehlt Musik. Was machen wir ohne Handy, ohne Musikinstrumente? Lasst uns selbst singen, selbst Musik machen, wir haben doch Münder, Hände und Füße. Ach ja, stimmt ja.
Kein Spiegel. Wie war das Leben wohl, als man noch nicht in jeder Schaufensterscheibe und bei jedem Gang ins Bad seiner äußerlichen Erscheinung gegenüberstand? Wie war das Leben, als alles noch nicht so grell und schnell, so teuer und so unausgewogen zwischen Mangel und Überfluss war?
„Vielleicht haben wir Menschen den Respekt verloren“, überlegt einer. „Vor der Natur, vor der Umwelt. Vor allem aber vor uns selbst.“ Und vielleicht gibt es Wege, zu diesem Respekt zurückzufinden.
Many Falke. Quelle: www.unddannamlebenbleiben.de